Verstößt der Referentenentwurf gegen EU-Recht?
Der Vorsitzende des VQSD, Dr. Reinhard Speerschneider, hatte bereits in der Verbändeanhörung zur Neuordnung der Klärschlammverwertung, die im Oktober 2015 in Bundesumweltministerium in Bonn stattfand, die Vereinbarkeit des Referentenentwurfs mit geltendem Recht in Frage gestellt. In einem nun vorliegenden juristischen Gutachten wird unter Anderem eine Unvereinbarkeit mit der EU-Klärschlammrichtlinie (86/278/EWG) dargelegt. Auf der Basis dieses Gutachtens bereit VQSD eine Beschwerde bei der Generaldirektion Umwelt der EU-Kommission vor.
Die EU-Klärschlammrichtlinie stammt aus dem Jahr 1986 und wurde 2009 zuletzt geändert. Die Änderungen bezogen sich auf Anpassungen an den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt sowie die Unterstützung der Kommission durch einen Ausschuss. Die Grundvorgaben der Klärschlammrichtlinie, insbesondere die Ausbringung von Schlämmen auf den Boden blieben erhalten. Ein Ausstieg aus der bodenbezogenen Verwertung ist auf EU-Ebene nicht vorgesehen.
In dem vom VQSD beauftragten juristischen Gutachten heißt es, dass die EU-Klärschlammrichtlinie verstärkte nationale Schutzmaßnahmen zulässt, sofern es sich um quantitative Verschärfungen handelt, die ein bestehendes Schutzinstrumentarium weiterentwickeln. Der Ausstieg aus der bodenbezogenen Verwertung sei jedoch eine qualitative Verschärfung und somit eine unzulässige Maßnahme. Darüber hinaus verstoße der Referentenentwurf gegen die Abfallhierarchie der EU-Abfallrahmenrichtlinie (2008/98/EG). „Der Ausstieg aus der bodenbezogenen Verwertung führt dazu, dass Klärschlamm, aus dem Phosphor zurückgewonnen wurde, energetisch zu verwerten ist, obwohl eine stoffliche Verwertung hochwertiger und möglich ist.“ Die Rangfolge der Abfallhierarchie wird somit nicht eingehalten.
Auch das im Koalitionsbeschluss zwischen CDU, CSU und SPD zur 18. Legislaturperiode formulierte Ziel, neben Phosphor andere wertvolle Inhaltsstoffe zu gewinnen, wird verfehlt. Im Referentenentwurf gibt es keine Regelungen, die etwa zur Gewinnung von Stickstoff, Nährstoffen und Humus verpflichten. Der Fokus liegt allein auf Phosphor. Das bedeutet, dass weitere wertgebende Inhaltsstoffe mit der Verbrennung unwiederbringlich zerstört werden. Ein weiterer Widerspruch zur Vorgabe der Abfallhierarchie, die Ressource Abfall möglichst umfassend zu nutzen.
VQSD lässt zurzeit prüfen, inwieweit der Referentenentwurf für die Mitgliedsunternehmen und auch für die Landwirte, die Klärschlamm bislang als Düngemittel einsetzen, zu Wettbewerbsverzerrungen innerhalb der EU führt. Die Mitgliedsunternehmen sind aufgefordert, das juristische Gutachten im Rahmen ihrer eigenen politischen Arbeit zu nutzen und gegebenenfalls bei der Generaldirektion Binnenmarkt, Industrie, Unternehmertum und KMU (GD GRWO) der EU-Kommission Beschwerde einzulegen.