Koalitionsvertrag

VQSD mahnt in der Diskussion zum angeblich geplanten Ausstieg aus der landwirtschaftlichen Klärschlammverwertung zur Gelassenheit. Technische Verfahren zur Phosphorrückgewinnung sind nicht ausgereift.

„Auch wenn im Koalitionsvertrag das Ende der Klärschlammausbringung zu Düngezwecken angekündigt wird, besteht kein Grund, in Aktionismus zu verfallen“. Dieses Fazit zogen die Mitglieder des VQSD Ende November beim alljährlichen Erfahrungsaustausch in Kassel. Voraussetzung für einen Ausstieg ist die Rückgewinnung von Phosphor und anderen Nährstoffen aus dem Klärschlamm, heißt es im Koalitionsvertrag weiter. Um die P-Rückgewinnung flächendeckend umzusetzen, ist allerdings noch ein weiter Weg zu beschreiten.
Das wurde erst kürzlich bei einer Informationsveranstaltung  zum aktuellen Stand von Phosphorrückgewinnungstechnologien im Bundesumweltministerium (BMU) in Bonn deutlich. Das Phosphorrecycling aus Abwasser, Klärschlamm und Klärschlammaschen war und ist Gegenstand zahlreicher Forschungsvorhaben. „Trotz des unbestritten hohen Forschungsstands in Deutschland sind bislang aber nur wenige technische Anlagen zur gezielten Rückgewinnung von Phosphor errichtet worden. Bislang fehlen noch belastbare Erkenntnisse aus dem halb- und großtechnischen Betrieb der verschiedenen Verfahrenskonzepte“, fasst auch eine DWA-Arbeitsgruppe  den Stand der Phosphorrückgewinnung zusammen.

Politische Beschlüsse

Das Bundeskabinett hat 2012 das Deutsche Ressourceneffizienzprogramm (ProgRess) beschlossen, mit dem auf eine Verringerung des Rohstoffverbrauchs und die nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen hingewirkt werden soll. Das Programm weist auch auf die essentielle Bedeutung von Phosphor hin und enthält - neben der Forderung nach weiteren Anstrengungen zur großtechnischen Nutzung der verfügbaren Technologien zum P-Recycling - auch den ausdrücklichen Prüfauftrag „die landwirtschaftliche und landbauliche Verwertung unbedenklicher Klärschlämme weiter zu nutzen und auszubauen, da Phosphat so effektiv dem Kreislauf zurückgeführt werden kann.“

Auch der von der Umweltministerkonferenz (UMK) beauftragte ad-hoc Arbeitskreis der Bund/Länder - Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) empfiehlt in seinem Bericht  unter anderem mit der Neufassung der Klärschlammverordnung zu prüfen, ob Anforderungen an Verfahren zur P-Rückgewinnung bei nicht landwirtschaftlich genutzten Klärschlämmen gestellt werden. Die UMK hat dem Bericht im Juni 2012 im Umlaufverfahren zugestimmt.

Nach Auffassung des Bundesumweltministeriums (BMU) ist die landwirtschaftliche Direktverwertung besonders schadstoffarmer Klärschlämme sinnvoll. Hierauf wies Dr. Helge Wendenburg, Leiter der Abteilung Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft, Bodenschutz im BMU bei der Informationsveranstaltung zur Phosphorrückgewinnung hin. Aus diesem Grunde werden die Anforderungen der Klärschlammverordnung (AbfKlärV) an die landwirtschaftliche Klärschlammverwertung verschärft und Schadstoffgrenzwerte vorgegeben, die jenen entsprechen, die im Düngerecht auch für alle anderen Düngemittel gelten. Zudem werde man die mit § 12 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes eingeführten Möglichkeiten der Qualitätssicherung im Bereich der Klärschlammverwertung sehr deutlich verankern.

Position des VQSD

VQSD mahnt in der aktuellen Diskussion zum angeblich geplanten Ausstieg zur Gelassenheit. Einerseits können die politische Beschlüsse von Bundesrat und Umweltministerkonferenz zum P-Recycling durch die Absichtserklärung im Koalitionsvertrag nicht kurzfristig umgestoßen werden. Andererseits ist fraglich, ob die technische Rückgewinnung von Phosphor und anderen Nährstoffen aus Klärschlamm in den nächsten Jahren oder Jahrzehnten flächendeckend umzusetzen ist.
Im Hinblick auf die P-Recyclingstrategie des Bundes wäre ein kurzfristiger Ausstieg aus der landwirtschaftlichen Verwertung ein Rückschritt. Zurzeit werden durch die Verwertung von Klärschlamm in Landwirtschaft und Landschaftsbau ca. 44.000 t P2O5 direkt recycelt, während durch die Klärschlammverbrennung jährlich etwa 50.000 t P2O5 unwiederbringlich vernichtet werden. Dass bei der vielgepriesenen Verbrennung neben Schadstoffen auch wichtige Nähr- und Spurennährstoffe wie Stickstoff, Kalium oder Zink sowie Humus zerstört werden, ist in der öffentlichen Diskussion ebenso wenig relevant wie die CO2-Freisetzung beim Verbrennungsvorgang. 

VQSD ist der Ansicht, dass qualitativ hochwertige Klärschlämme, die einem anerkannten Qualitätssicherungssystem unterliegen, auch weiterhin für Landwirtschaft und Landschaftsbau zur Verfügung stehen sollten und plädiert für ein integriertes Phosphorrückgewinnungskonzept, in dem die direkte stoffliche Verwertung und das technische P-Recycling aus dem Abwasserstrom, aus Klärschlamm und Klärschlammaschen gleichrangig nebeneinander stehen. Ökologisch und ökonomisch macht es wenig Sinn, dass hochwertige Schlämme getrocknet, transportiert, verbrannt und chemisch aufgeschlossen werden, um anschließend als P-Recyclingdünger vermarktet und auf den Feldern ausgebracht zu werden. Auch ist zu beachten, dass Verfahren für das technische P-Recycling mit hohen Investitionskosten und Projektentwicklungskosten verbunden sind, die letztlich über die Abwassergebühr finanziert werden müssen. Aus Sicht des VQSD sollten Monoverbrennungskapazitäten zur Rückführung von P aus Klärschlammaschen ausschließlich für belastete Klärschlämme aufgebaut werden.